Opernstudio der zwei Rheinufer « Generation Baroque » begeistert bei erneutem Gastspiel im Endinger Bürgerhaus.
Ein außergewöhnliches Erlebnis war die Opernaufführung am Donnerstagabend im Endinger Bürgerhaus.
ENDINGEN. Zum zweiten Mal gastierte am Donnerstagabend das Opernstudio der zwei Rheinufer « Generation Baroque » aus Straßburg in Endingen. Und wieder war das Publikum hingerissen von der Wirkung einer von jungen Künstlern hochkarätig besetzten Oper, die zum Greifen nah auf Augenhöhe mit den Musikern im Bürgersaal erlebt und genossen werden konnte.
« Es ist unglaublich, dass wir solche Stars hier in Endingen erleben dürfen », schwärmt Heidrun Schaeffert. Sie gehört zu denjenigen, die sich nach dem Besuch der Aufführung des Opernateliers im vergangenen Jahr im Bürgerhaus diese « zweite Chance » nicht entgehen lassen wollte: « Es ist ein Privileg, hier sein zu können. » Endingen sei die einzige Stadt in Deutschland, in der das Opernensemble gastiere, betont auch Annette Greve von den Deutschen Kammerschauspielen, das die Aufführung möglich gemacht hat. Sie genieße zudem die Tatsache, dass das Ensemble just am 49. Geburtstag der Deutschen Kammerschauspiele an den Kaiserstuhl komme. Greve: « Das ist das schönste Geburtstagsgeschenk für uns. »
Ein Geschenk ist die Operndarbietung « Alceste oder der Triumph des Herkules » wohl für jeden der rund 70 Gäste im Bürgerhaus. Ungewöhnlich ist beispielsweise schon die asymmetrische und sehr ansprechende Anordnung der Aktionsbereiche im Saal – nicht weitab auf der erhöhten Bühne, sondern ganz nah unmittelbar am Publikum. Bestechend, wie Orchester und Chor zwei Flügel bilden, aus denen sich die Solisten heraus lösen, ohne dass das vollständige Ensemble in den Hintergrund rückt.
« Es ist eine international besetzte Crew « , stellt Martin Gester in seiner Einführung die Zusammensetzung vor. Viele junge Künstler kämen aus dem Dreiländereck und alle seien « ausgesucht », so der musikalische Leiter. « Die Solisten zaubern mit illustren Szenen musikalische Miniaturen in die konzertante Aufführung hinein », erklärt er die Besonderheiten der neuen Produktion.
Als die 1674 komponierte Oper anlässlich des Sieges Ludwigs XIV gegen die deutsche Freigrafschaft Burgunds zum ersten Mal in Paris zur Aufführung gekommen sei, war das in der französischen Metropole « das Ereignis des Jahres » , veranschaulicht Gester die historischen Hintergründe. Er umreißt das Geschehen der in französischer Sprache gesungenen Oper als griechische Tragödie von einer entführten Prinzessin, zurückgewiesenen Gottheiten und übernatürlichen Kräften: « Krieg war edle Kunst damals! »
Entsprechend symbolträchtig und ausladend in ihrer Ausdruckskraft die Inszenierung: Die Prinzessin Alceste opfert sich der Liebe und am Ende triumphiert nicht die Gewalt, sondern die noble großherzige Geste. Ein Stoff, wie geschaffen für große Soloauftritte und bewegend-leidenschaftliche Orchestermusik.
Das Publikum fesseln vor allem die unangestrengten, klaren und sehr frischen Stimmen. « Ich habe das Gefühl, sie singen nur für mich », beschreibt beispielsweise Günter Rothgerber die Wirkung. Immer wieder betont der Besucher aus Sasbach, dass er es kaum fassen könne, fast vor der Haustüre so eine großartige Darbietung genießen zu können. Viele Gäste teilen diese Einschätzung: « Diese Stimmen! » hört man immer wieder schwärmen. In der Kraft des Ausdrucks, in ihrem Habitus und ihrer Art, sich die Charaktere einzuverleiben, scheint jeder der jungen Leute über sich hinaus zu wachsen. Am Ende bedankt sich das hingerissene und beeindruckte Publikum mit Minuten langem Applaus. Es ist ein Abend, den keiner so schnell vergessen wird.
Badische Zeitung 14 Nov 2016