Diana in Endingen/Kaiserstuhl

Straßburger Opernatelier begeistert mit « Diana oder der sich rächende Cupido » sein Publikum am Freitagabend im Endinger Bürgerhaus .

ENDINGEN. Opernliebhaber würden weder Kosten noch Mühen scheuen, um einem so außergewöhnlichen Opernhighlight wie der Aufführung von Reinhard Keisers « Diana oder der sich rächende Cupido » beiwohnen zu können. In Endingen wurde dem Publikum dieser Genuss am Freitagabend dank der Deutschen Kammerschauspiele geboten. Auf deren Einladung spielte das Opernatelier « Génération Baroque » am Kaiserstuhl.

Bereits zum vierten Mal gastierte das renommierte Straßburger Opernstudio mit Martin Gester als musikalischem Leiter mit einer Aufführung im Endinger Bürgerhaus. Das « Atelier der zwei Rheinufer » gibt talentierten jungen Musikern, die bereits eine berufliche Karriere begonnen haben oder ihr Aufbaustudium am Konservatorium abschließen, damit die Möglichkeit, sich vor Publikum auszuprobieren.

Diesmal gibt es die Aufführung eines der bedeutendsten deutschen Opernkomponisten des Barocks, Reinhard Keiser. Regisseur Benjamin Prins nähert sich in seiner Inszenierung dem Liebesspielthema auf archaische und doppelbödige Weise – zur Freude des Publikums.

Zwar entspricht das zehnköpfige Barockorchester auf der seitlich im Bürgersaal gestalteten Bühne in seinem Erscheinungsbild allen Erwartungen und übertrifft sie musikalisch sogar. Dafür irritiert « der Rest » der Inszenierung: Statt in die pompöse Welt ausladender Barockszenerien werden die Zuschauer in die Steinzeit versetzt: Da tummeln sich sehr fleischlich erscheinende, spärlich mit Sackstoff bekleidete Nymphen und Götter auf der Bühne. Diana räkelt sich lasziv im Bademantel auf einem Hocker, den Drink lässig in der rechten Hand, mit der linken die Sonnenbrille zurechtrückend. Die Jagdgöttin erscheint als Feindin der Liebe, bedroht jeden ihrer Anhänger, die dieser Emotion erliegen.

Cupido, Dianas Gegenspieler, nimmt sich vor, das nicht auf sich beruhen zu lassen und die Liebesgefühle der anderen anzustacheln. Inmitten des « Lustgartens » von Zimmerpalmen, Efeuaralien und anderen Kübelpflanzen beginnt ein Treiben, das für das Publikum in der deutsch und italienisch gesungenen Oper oft schwer zu verstehen ist – das aber ein einziges großes Vergnügen darstellt.

Die sechs jungen Sängerinnen und Sänger verfügen über wunderbar frische und ausdrucksstarke Stimmen. Der doppelbödige Witz der Aufführung macht jede Minute zu einem Genuss. In dieser phantasievoll ausgestalteten Inszenierung gibt es nicht allein die große Bühne, sondern etwas abseits von ihr eine Art Sitzecke mit Kameramann. Die Bühnenbildnerin Anita Fuchs versetzt die Zuschauer damit in eine Studioatmosphäre. Sie werden Beobachter einer imaginären Filmaufzeichnung über die Liebesverwicklungen der Höhlenmenschen.

Das Thema Liebe – so die Botschaft – ist in unserer medial aufbereiteten Welt nicht weniger präsent wie früher bei den Urmenschen. Vermittelt wird alles sehr professionell, auf künstlerisch höchstem Niveau. Es ist ein lustvolles, üppiges und ergötzliches Schauspiel, das sich über gut zwei Stunden vor dem hingerissenen Publikum ausbreitet. Wunderschöne Arien wechseln ab mit erklärenden Rezitativen. Und die Instrumentalisten spielen mit höchster Perfektion.

Beeindruckend ist die dramaturgische Umsetzung des musikalischen Schauspiels , die reduzierte und perfekte Lichtführung und der sich hemmungslos zeigende universale künstlerische Anspruch der jungen Truppe. Die Profiteure dieser großartigen Inszenierung sind die Besucher aus der ganzen Region, die einen Abend lang in diesem Musikgenuss schwelgen und das internationale Ensemble mit Minuten langem Beifall belohnen.

Badische Zeitung, 19/11/2018

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